Die Guggenmusik – laut, schräg und voller Lebensfreude – ist seit Jahrzehnten fester Bestandteil der Fasnacht. Während viele sie mit jungen, feierwütigen Musikanten in Verbindung bringen, gibt es zahlreiche Senioren, die sich aktiv und mit viel Begeisterung in das bunte Treiben einbringen. Sie trotzen Wind und Wetter, nächtelangen Auftritten und dem allgemeinen Wandel der Fasnacht. Zwei von ihnen sind Ruth Mauron und Roland Storrer, beide Mitglieder der RiethüsliGugge aus St.Gallen.
Ruth Mauron, Jahrgang 1965, ist seit mittlerweile 14 Jahren Mitglied der RiethüsliGugge. Dass sie einmal ein fester Bestandteil dieser musikalischen Fasnachtsfamilie sein würde, hätte sie wohl nie gedacht. «Meine Tochter hat mich zum Neumitgliederanlass mitgenommen – und so bin ich in die Gugge eingetreten», erinnert sie sich. Seitdem spielt sie die Lyra, ein Schlaginstrument, das bei den Guggen oft eine tragende Rolle spielt.
Auch Roland Storrer, Jahrgang 1957, kam eher zufällig zur Guggenmusik. Schon als Kind war er mit seiner Familie und Freunden an diversen Umzügen und Maskenbällen unterwegs. Doch erst 2011 wurde er durch einen Arbeitskollegen zur RiethüsliGugge geholt. «Du hast uns noch gefehlt», hiess es damals – und so begann seine musikalische Reise. Zunächst kümmerte er sich um die Küche der Gugge, bevor er zur Trompete wechselte. Seitdem ist er mit vollem Einsatz dabei.
Die Guggenfamilie:
Gemeinschaft, Musik und Freude
Was beide an der Guggenmusik besonders schätzen, ist das Gefühl der Zusammengehörigkeit. «Die Gugge ist wie eine bunt zusammengewürfelte Familie», sagt Ruth Mauron. Das gesellige Miteinander, die gemeinsamen Proben und die unzähligen Auftritte schweissen die Mitglieder fest zusammen. Roland Storrer beschreibt es als «Labsal für die Seele» – selbst wenn die Motivation mal fehlt, gibt das Zusammensein neue Energie.
Natürlich kann die Fasnacht auch anstrengend sein. Die zahlreichen Auftritte, lange Nächte und das oft unberechenbare Wetter setzen den Musikanten zu. Doch für Ruth Mauron überwiegt die Begeisterung: «Die Fasnachtstage können zwar streng sein, aber wirklich an meine Grenzen komme ich nicht, da es mir gefällt.» Roland Storrer sieht das ähnlich: «Es sind viele Eindrücke, und es wird manchmal viel verlangt, aber das Miteinander und das Erfolgserlebnis nach einem gelungenen Auftritt motivieren enorm.»
Fasnacht im Wandel:
Zwischen Tradition und Veränderung
Beide Senioren haben die Entwicklung der Fasnacht über die Jahre hinweg hautnah miterlebt. «Leider hat sich die Fasnacht stark verändert», bedauert Ruth Mauron. Früher waren dekorierte Beizen fester Bestandteil der Feierlichkeiten, Maskenbälle waren weit verbreitet. Heute sei das Verkleiden nicht mehr so «in» wie einst. Ähnlich sieht es Roland Storrer : «Die ‹Böögen›-Kultur ist weitgehend verschwunden, und die Guggen treten heute eher auf grossen Bühnen oder an Guggenpartys auf. Maskenbälle, wie man sie früher kannte, sind seltener geworden.»
Doch nicht alles entwickelt sich zum Schlechten. Roland beobachtet, dass die Fasnacht vielerorts wieder an Bedeutung gewinnt: «Die Guggen sind grösser geworden und passen gar nicht mehr in kleine Beizen. Aber insgesamt sehe ich eine positive Entwicklung, die mein Herz freut.»
Kein Ende in Sicht
Die Frage, wie lange sie noch aktiv sein werden, lässt sich für beide nicht einfach beantworten. «Solange ich mein Hobby gesundheitlich ausüben kann, bleibe ich voll dabei», betont Ruth Mauron. Auch Roland Storrer denkt nicht ans Aufhören: «Es hängt von vielen Faktoren ab. Gesundheit, Freundschaften und das gesellige Miteinander sind entscheidend. Schauen wir mal, dann sehen wir schon.»
Neben ihrer Leidenschaft für die Guggenmusik haben beide weitere Hobbys. Ruth Mauron findet Ausgleich in Handarbeiten wie Stricken und Häkeln, während Roland Storrer sich gerne handwerklich betätigt, mit dem E-Bike unterwegs ist oder mit seinem Kastenwagen neue Orte erkundet.
Die Fasnacht lebt durch ihre Menschen
Senioren wie Ruth Mauron und Roland Storrer zeigen eindrucksvoll, dass Guggenmusik keine Altersgrenzen kennt. Sie stehen für gelebte Leidenschaft, Tradition und Gemeinschaft – Werte, die die Fasnacht seit jeher prägen. Und solange es Menschen gibt, die sich mit so viel Herzblut engagieren, wird die fünfte Jahreszeit weiterleben und sich vielleicht wieder ein Stück weit auf ihre ursprüngliche Magie besinnen. Denn, wie Ruth Mauron es ausdrückt: «Die Fasnacht sollte wieder das sein, was sie immer war – die bunte, ausgelassene Jahreszeit, in der jeder sein kann, wer er will.»