Der Böschelimann hat noch lange nicht ausgedient

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Hans Frehner hat seit seinem 67. Geburtstag knapp 13’000 Böscheli gebunden. Der 79-jährige Schwellbrunner betreibt damit ein wertvolles Hobby, das oft zu Unrecht verkannt wird.

«Was, du möchtest Böschelimann werden?», habe Rösli Frehner ihren Gatten ungläubig gefragt, als er sich nach der Pensionierung Gedanken um ein neues Hobby machte. Inzwischen ist sie glücklich, dass ihr Hans mit der Holzarbeit eine erfüllende Beschäftigung gefunden hat – obwohl sie auch gerne mehr gemeinsame Zeit geniessen würde. «Ich habe heute ein Arbeitspensum von etwa 75 Prozent – freiwillig wohlgemerkt», schmunzelt Hans Frehner und fährt fort: «Ungefähr 95 Prozent meiner aktiven Zeit verbringe ich im Wald». Kein Wunder also, vermisst Rösli ihren Mann gelegentlich. «So lange es hell ist, kommt er meist nur fürs Mittagessen nach Hause. Deshalb schaue ich manchmal mit einem Kaffee bei ihm vorbei – so habe auch ich Bewegung, frische Luft und wir sehen uns für eine Weile».

Hervorragendes Brennmaterial

«Wenn die Scheiter und das Reisig schön bereit liegen, schaffe ich drei Böscheli in der Stunde», sagt der siebenfache Vater und rechnet aus, dass er damit einen «5-Liber» als Stundenlohn erreicht. Zwischen 900 und 1300 Böscheli bindet Hans pro Jahr. Von März bis November beanspruche ihn die Arbeit im Wald am meisten. Seine Abnehmer sind allesamt Privatleute, die mit einem Kachelofen heizen. Dann seien Reisigbündel als Brennmaterial ideal, erläutert der Fachmann, denn: «E guets Böscheli häbet scho e Wiili omme.» Aber, was ist ein «gutes» Böscheli? Der Routinier erklärt, dass die Kunst darin bestehe, die Äste und das dünnere Material so als Bündel anzuordnen, dass die dickeren Bestandteile die «Aussenhülle» bilden. Nach der Herstellung lagert Hans die Böscheli zirka ein Jahr lang, damit das Holz genug trocken wird. «Das geht so schnell, weil ich bereits dürres Geäst verarbeite. Werden Zweige verwendet, die noch grün sind, sollten zwischen der Herstellung und dem Verbrauch etwa drei Jahre liegen.»

Späte Liebe

Sein Wissen rund ums Böschelen hat sich Hans schon als Schüler erworben, als er seinem Vater über die Schultern schauen durfte. Erst in der Pension habe er die Beschäftigung aber wieder aufgenommen. «Der Wald wird aufgeräumt, ich habe einen sinnvollen Zeitvertreib und ein Hobby, das ein paar Franken abwirft», fasst der Schwellbrunner seinen Nutzen zusammen. Die Tätigkeit übt er vorwiegend im eigenen Wald sowie im Forst seines Sohnes aus. Wenn er irgendwo schönes «Chres» entdecke, frage er zudem gelegentlich bei anderen Waldbesitzern nach, ob er böschelen kommen dürfe. Meist sei man dann ein gern gesehener Gast. «Früher hat man für einen Böscheli-Platz sogar bezahlen müssen», erinnert sich der 79-Jährige. Heute seien die Leute froh, wenn sich jemand findet, der sich um das Astwerk kümmert. Aussterben werden die Böscheler ziemlich sicher nicht, ist der Reisigbündler überzeugt. «Solange es Kachelofen gibt sowie Leute, die Freude an Wald und Holz haben, hat das Böscheli eine Zukunft.»

Bei aller Liebe zum traditionellen Handwerk ist Hans auch rationelleren Methoden der Holzverarbeitung nicht verschlossen. So sagt er zum Beispiel: «Holz häckseln finde ich ungeheuer gut. Die Wälder sind viel aufgeräumter seit es Schnitzelheizungen gibt.» Und er freut sich, dass die Wertschätzung dem Rohstoff Holz gegenüber wieder steigt. Denn der Schweizer Wald ist unternutzt und das ist eigentlich schade, weil damit ein nachwachsender einheimischer Rohstoff vernachlässigt wird.

Fit und gesund bleiben

Vorwiegend für ältere Bauern sei das Böschelen eine nützliche Beschäftigung, sagt der rüstige Rentner, der selber 44 Jahre lang sein Brot als Landwirt erworben hat und mit Rösli den Lebensabend am Oberen Wittenberg geniesst. «Wenn du nach der Pensionierung nichts mehr machst, bist du in Kürze alt. Man muss in Bewegung bleiben, dann bleibt man fit und gesund», rät der zwölffache Grossvater. Seine Konstitution scheint ihm recht zu geben: Böschelibock, Säge, Beil und Schnüre können als «Turngeräte» ein Jungbrunnen sein.

Matthias Bruelisauer

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