Häufig stellen Liegenschaften den grössten Vermögenswert von Familien dar und den Eltern ist es ein Anliegen, diese bereits zu Lebzeiten «mit der warmen Hand» auf die Nachkommen zu übertragen. Damit Streit nach dem Ableben verhindert werden kann, hat Matthias Althaus, Mandatsleiter Recht bei der Altrimo AG, ein paar wichtige Tipps.
Besonders im Hinblick auf die Übertragung einer Liegenschaft an die nächste Generation ist es wichtig, sich Fragen über die eigene finanzielle Lage im Alter zu stellen. Reicht die Einkommens- und Vermögenssituation aus, um den gewohnten Lebensstandard zu halten? Habe ich genug zum Leben und zur Verwirklichung meiner Träume? Auch im hohen Alter? Es darf nicht sein, dass die Eltern durch die lebzeitige Übergabe der selbstbewohnten Liegenschaft in finanzielle Nöte geraten. Das Einkommen wie auch das Vermögen auf der Bank lassen sich relativ schnell ermitteln. Um den Handels- bzw. Marktwert der eigenen Liegenschaft zu bestimmen, bedarf es vorab einer Bewertung durch einen unabhängigen und anerkannten Immobilienbewerter.
Kinder gleichbehandeln, oder transparent informieren
Viele Eltern stehen in einem Spannungsfeld: Einerseits wollen sie ihre Kinder möglichst gleichbehandeln; andererseits will und/oder kann vielleicht nur eines der Nachkommen die elterliche Liegenschaft übernehmen. Zudem ist es teilweise sinnvoll und gewünscht, klare Eigentumsverhältnisse zu schaffen und die Liegenschaft nur einem der Kinder zu übertragen. Dadurch wird eine Gleichbehandlung oft schwierig, da die Liegenschaft oft einen Grossteil des Vermögens ausmacht. Die Erfahrung zeigt, dass durch frühzeitiges Anpacken dieses Themas sowie durch einen offenen Diskurs in der Familie meist eine gute und nachvollziehbare Lösung für alle geschaffen wird. Das schafft Transparenz und Vertrauen und beugt auch allfälligen Streitigkeiten in der Familie vor. Es kommt nämlich nie gut an, wenn der Notar bei der Testamentseröffnung eine Wundertüte öffnet. Die Wahrscheinlichkeit eines Streites über Pflichtteile, Liegenschaftswert usw. ist dann maximal. Es ist also empfehlenswert, die Liegenschaft mit «warmen Händen» an die nächste Generation zu übergeben und dies entsprechend zu regeln. Psychologisch ist es für die Eltern allerdings nicht immer einfach. Oft besteht auch der Wunsch, solange wie möglich im eigenen Haus zu wohnen. Dafür bestehen jedoch genügend rechtliche Lösungsmöglichkeiten.
Nutzniessung, Wohnrecht oder Miete
Damit die aktuelle Wohnsituation der Eltern nicht verändert werden muss und sie die übertragene Liegenschaft weiter wie bis anhin bewohnen können, stehen drei rechtliche Institute zur Verfügung: Die Nutzniessung, das Wohnrecht oder ein befristetes bzw. lebenslängliches Mietrecht. Alle drei Möglichkeiten sind mit der Liegenschaftsübertragung vereinbar und müssen bzw. können im Grundbuch eingetragen oder vorgemerkt werden. Durch die Begründung einer Nutzniessung erhalten die Kinder nur das nackte Eigentum an der Liegenschaft. Dies bedeutet, die Eltern kommen weiterhin für alle Lasten wie Hypothekarzinsen, Unterhaltskosten, Steuern usw. auf, ihnen stehen aber auch weiterhin sämtliche Erträge zu, so etwa allfällige Mieteinnahmen. Die Eltern sind ausserdem frei, die Liegenschaft an Drittpersonen zu vermieten. Das Wohnrecht und das Mietverhältnis sind inhaltlich ziemlich ähnlich, wobei das Wohnrecht eine Dienstbarkeit ist und steuerlich gewichtige Auswirkungen haben kann. Das Wohnrecht sowie die Miete beinhalten kurz gefasst lediglich das Bewohnen des Einfamilienhauses oder der Wohnung. Die Wohnrechtsberechtigten und die Mieter haben den sogenannten Mieterunterhalt, wie Glühbirnenwechsel und dergleichen, zu tragen. Das Wohnrecht ist grundsätzlich unentgeltlich, wohingegen bei der Miete eine monatliche Mietzinszahlung geschuldet ist. Bei der Ausgestaltung des Mietzinses sind die Parteien frei.
Die Nutzniessung, das Wohnrecht wie auch die Miete können bis ans Lebensende oder für beispielsweise zehn Jahre vereinbart werden, abhängig jeweils von den Bedürfnissen und Lebensumständen der Eltern.
Schenkungen erbvertraglich regeln
Seit der Einführung des neuen Erbrechts sollte man Schenkungen an Kinder wie folgt handhaben. Fall 1: Ich überweise Geld an meine Kinder (so, dass diese über die Zeit gleichbehandelt werden) und schreibe ihnen in einem liebevollen Brief, dass diese Überweisungen als Schenkung und Erbvorbezug gelten. Fall 2: Ich schenke ihnen eine Liegenschaft, den Familienbetrieb oder Wertschriften. Diese Schenkungen müssen dann erbvertraglich wasserdicht geregelt werden. Zu dieser Kategorie gehören auch gemischte Schenkungen wie zum Beispiel der Verkauf einer Liegenschaft zum amtlichen Verkehrswert oder eine Schenkung mit Übernahme der Hypothekarschuld. Der Anrechnungswert in der künftigen Hinterlassenschaft, die Ausgleichung unter den Nachkommen sowie die Berücksichtigung der Pflichtteilsansprüche bzw. ein allfälliger Pflichtteilsverzicht sind einige der relevanten Themen in diesem Zusammenhang.
Vollzug der Liegenschaftsübertragung
Besteht innerhalb der Familie Einigkeit darüber, wer die Liegenschaft oder die Liegenschaften übernimmt, sind diverse Optimierungsmöglichkeiten zu prüfen. Denn: Steuern bezahlt niemand gerne. Dabei lohnt es sich, insbesondere auf die Thematik der Grundstückgewinnsteuern ein Auge zu werfen. Auch ist bei der Festlegung des Übernahmepreises ein möglicher künftiger Anspruch auf Ergänzungsleistungen zu beachten und zu prüfen. Vor allem hinsichtlich dieser Themen sollten die kantonalen Unterschiede in der Handhabung beachtet werden. Bei der Ausgestaltung von optimalen, individuellen und umfassenden Lösungen macht es keinen Sinn, sich mit unzähligen Spezialisten herumzuschlagen. Eine Vertrauensperson mit raschem Zugriff auf das notwendige Fachwissen über Recht, Immobilien, Steuern usw. ist klar von Vorteil. So hat jemand das gesamte Bild im Blick und nicht nur Teile davon.